Als Barbara Wetzel nach Katelbogen zog, war das mit einer großen Errungenschaft verbunden: zum ersten Mal in ihrem Künstlerleben verfügte sie über eine ausreichend große Werkstatt. In einem am Wohnhaus angebauten ehemaligen Stall richtete sie sich ihr Refugium ein. Kreissäge, Hobelbank und jede Menge Späne vermitteln auf den ersten Blick den Eindruck einer Tischlerei. Da passt die Bezeichnung „Atelier“ nicht. „Es ist eine Werkstatt“, sagt die 44-Jährige bestimmt. Eine, in der Kunst entsteht.
Von früher Jugend an wollte Barbara Wetzel, die in Wittenberge geboren wurde und in Schwerin aufwuchs, Bildhauerin werden. Die Kunst, ehrlich und aufrichtig betrieben, führt zu einer hohen gesellschaftlichen Akzeptanz, stellte sie fest. Die junge Frau, die geprägt wurde durch die Schrothschen „Entdeckungen“ am Schweriner Theater, wollte sich einmischen in die Gesellschaft, und zwar mit den Mitteln der Kunst. Aus einem christlichen Elternhaus stammend und ohne die Chance auf Abitur und Studienplatz zu haben, wählte sie den Weg über das Handwerk, um ihren Traum zu verwirklichen. In einem kleinen Denkmalpflegebetrieb in Thüringen erlernte sie den Beruf einer Steinmetzin. Ein Studium an der Dresdner Hochschule für Bildende Künste schloss sie 1998 mit dem Bildhauerdiplom ab. Danach arbeitete sie als freie Künstlerin. Sie steckte randvoll mit Ideen und Plänen, die auf Umsetzung drängten. Diese am Stein zu verwirklichen, ging der Ungeduldigen zu langsam. Da war Holz das bessere Material: in kurzer Zeit entstanden Werke mit zum Teil beachtlichen Abmessungen. Noch schnellere Ergebnisse ließen sich mit Druckgrafiken erzielen, hatte sie schon während des Studiums erfahren. Auch da wählte sie zunächst die opulente Form, schuf große Druckstöcke und druckte auf Stoff. „Meine Holzschnitte zur Diplomarbeit waren Vier-Meter-Teile“, schmunzelt sie. Später druckte Barbara Wetzel auf Papier und stellte bald fest, dass sich mit dem Verkauf der Drucke zu moderaten Preisen gut zum Lebensunterhalt beitragen ließ. „Ich bin beeindruckt und erfreut, wie viele treue Sammler es in Mecklenburg-Vorpommern gibt“, sagt sie. Mit dem Druck auf Papier war der Weg zum Buch nicht weit. 1998 legte sie ihr erstes Exemplar vor. „Eine Grafik will immer etwas erzählen. Sie braucht den Text und oft auch umgekehrt“, beteuert sie. So schuf Barbara Wetzel im Eigenverlag oder mit dem Stralsunder Mückenschwein-Verlag zahlreiche Bücher. Bibliophile Kostbarkeiten in geringen Auflagen. Und als sie für ihre Geschichte vom „Faultier“ keinen Autor fand, der die Story nach ihren Vorstellungen erzählen wollte, griff sie selbst zum Stift und erledigte auch das noch. Zurzeit sitzt sie über grafische Illustrationen zu einem Essay von Virginia Woolf. „Damit bin ich auf die Buchmesse nach Frankfurt eingeladen“, strahlt sie. Nach dreimal Leipziger Buchmesse wird das Bücherfest in Frankfurt am Main im Oktober ihre Premiere sein. 2011 war für Barbara Wetzel ein wichtiges Jahr. Da gewann sie den Kunstwettbewerb auf dem evangelischen Kirchenbautag in Rostock. Ihr aus Holz gefertigtes Taufbecken beeindruckte die Jury am stärksten. Der Preis hatte den Auftrag zur Folge, eine neu gebaute Kirche auszugestalten. „Es war immer ein Traum von mir, die liturgischen Orte künstlerisch zu gestalten. In Zweedorf ist er in Erfüllung gegangen“, stellt Barbara Wetzel fest.
Gesellschaftlich einmischen will sich die sechsfache Mutter aber nicht nur über die eigenen Kunstwerke. Wichtig ist ihr, junge Menschen an Kunst heranzuführen. So ist sie eine der beiden Koordinatorinnen, die das Projekt „Künstler für Schüler“ in Mecklenburg-Vorpommern betreut. Über viele Jahre wirkt sie zudem als Dozentin und Projektentwicklerin im Güstrower Kinder-Jugend-Kunsthaus. Und hat dort mindestens ebenso viele Ideen wie in ihrer Werkstatt in Katelbogen. Foto und Text: Christian Menzel